Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zu Ostern am Tage 2006

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16. April 2006 - Universitätsgottesdienst St. Ignatius

1. Männer haben es eilig

  • Männer haben's eilig. Der Weg zum Grab wird zum Wettstreit, wer der Schnellere ist. Dass der "andere Jünger" vor Petrus am Grab ankommt, soll ausdrücken, dass er derjenige war "den Jesus liebte" - er stand Jesus besonders nahe. Als er das leere Grab sah - kein Leichnam, sorgfältig zusammengelegte Binden - da glaubte er.
  • Aber so schnell die Männer gekommen sind, so schnell verschwinden sie auch wieder. Wir erfahren nicht, was in ihren Köpfen vorgeht. Immerhin, von dem Jünger, der flinkere Beine hatte als Petrus, wird gesagt, "er sah und glaubte". Was aber ist sein Glaube?
  • Offensichtlich reicht den Jüngern, was sie gesehen haben. Nun werden sie heimgehen und sich kluge Gedanken machen. Sie werden sich sagen, dass Gott Jesus aus dem Grab befreit hat. Sie meinen das reicht. Den Rest können sich kluge Männer selbst zurecht legen. Sie werden heimgehen, sich denken, dass "die Sache Jesu" weitergeht, dass sie nun Jesus und was er gesagt hat in Erinnerung behalten werden - obwohl er gekreuzigt wurde. Das ist doch schon was.

2. Der Blick in das Dunkel des Grabes

  • Maria aber sucht den Leichnam. "Man hat den Herrn aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat". Hartnäckig fragt sie. Drei Mal fragt sie, sucht sie. Diese Hartnäckigkeit unterscheidet sie von den anderen beiden Jüngern. Ihre Liebe zu Jesus lässt sie weiter suchen und fragen, auch wenn sie um den schmerzhaften Anblick weiß, den der Leichnam für sie bedeuten wird. So steht sie draußen vor dem Grab und schämt sich nicht ihrer Tränen.
  • Wenn das Johannesevangelium uns Ostern so schildert, dann deswegen, weil das für uns wichtig ist - für jeden von uns. Das Suchen nach dem Leichnam - wohin "man" ihn gelegt hat - und die Trauer am Grab ist nicht unwichtiges Detail einer Vergangenheit, sondern notwendiger Bestandteil, wenn wir christlich Ostern feiern wollen. Jedes Osterfest beginnt mit dem Karfreitag.
  • In der vergangenen Woche haben wir mit einer Gruppe Schweigeexerzitien gemacht. Für viele aus der Gruppe war die wichtigste Zeit in dieser Woche, jene Stunden, in denen sie sich dazu durchringen konnten, die dunklen Seiten des eigenen Lebens anzuschauen. Maria weint und beugt sich in die Grabkammer hinein. kein schönes Gefühl. Aber sie ist stark, es auszuhalten. Männer haben vielleicht gelernt, über ihre Kriegsverletzungen zu schweigen. Auch viele Frauen kennen nur die Erfahrung, dass sie die Gewalt wegstecken müssen, die ihnen angetan wurde. Ähnlich reagieren die beiden Jünger am Grab. Nur nicht Maria, sie ist nicht schnell zurückgelaufen wie die anderen.

3. Beim Namen genannt

  • "Während sie weint, beugt sie sich in die Grabkammer". Sie blickt in das Dunkel. Das aber ist der Moment, in dem sie die beiden Boten Gottes sieht. Das Ausharren trägt erste Frucht. Sie erfährt die Frage: "Warum weinst du?" und stellt den Engeln die Frage: "Wo ist er?". Da schon kann sie sich zum ersten Mal umdrehen, den Blick vom dunklen Grab nehmen.
  • Noch ernennt sie die Gestalt nicht die sie sieht. Der, den sie für den Gärtner hält, fragt sie wiederum nach ihrem Schmerz. Wieder, hartnäckig bleibt sie bei ihrer Suche: "Wo ist er?". Da hört sie, wie er sie beim Namen nennt: "Maria!". Das ist für Maria Ostern. Sie erkennt, dass über dem Grab einer ist, ihr und unserer Meister, Rabbuni, der Herr!
  • Diese Befreiung ist nicht festzuhalten. "Halte mich nicht fest", sagt ihr Jesus, "denn ich bin noch nicht zum Vater hinauf gegangen". Aber er gibt ihr Gewissheit dass er für uns bei Gott ist, bei seinem Vater und unserem Vater. Er trägt seinen Leib vor Gott, den geschundenen. Er trägt ihn vor Gott für uns, damit auch wir unseren Leib, unsere Geschichte, unsere Verletzungen vor Gott tragen können. Das ist Ostern. Amen.