Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Ostermontag 2010

Zurück zur Übersicht von: Ostermontag

5. April 2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Taufe und Ostern

  • Taufe, das ist wenn jemand getauft wird. Im Namen Jesu Christi und des dreifaltigen Gottes wird der Täufling mit Wasser getauft. Das ist die Taufe. Das Ganze dauert nur ein paar Minuten. Aber das ist nur der Anfang. Durch die Taufe nimmt Gott den Menschen hinein in den Bund, den er mit seinem Volk geschlossen hat. Dieser Bund jedoch soll das ganze Leben umfassen.
  • Wie die Taufe so ist auch Ostern. Wir wissen nicht, zu welcher Stunde Christus von den Toten auferweckt wurde. Wir wissen nur, dass die Frauen in der Frühe des Sonntags das Grab leer gefunden haben und in der Folge der Auferstandene den Jüngern in verschiedener Weise begegnet ist. Allen diese Begegnungen aber ist gemeinsam, dass sie nicht auf den Moment festzuhalten, sondern gleichsam nach vorne offen sind.
  • Die Begegnung mit dem lebendigen Christus ist sehr verschieden. Für manche sind es einzelne entscheidende Augenblicke. Für andere sind es lange Prozesse, bei denen erst im Rückblick erkennbar wird, dass es immer schon eine Begegnung mit Christus war. Gerade wenn wir heute kleine Kinder zum Sakrament der Taufe führen wird aber deutlich: Entscheidender als die Begegnung mit Christus ist der Lebensweg zusammen mit ihm, denn dieser Weg führt immer tiefer hinein in die Gemeinschaft mit Gott, in den Bund mit dem Ursprung und Ziel.

2. Auf dem Weg nach Emmaus

  • Die beiden Jünger waren von Jerusalem fort gegangen. Von einem wissen wir, dass er Kleopas hieß. Es war für die beiden kein froher Aufbruch. Sie gehen mit hängenden Köpfen weg, denn ihre Hoffnungen, dass Jesus der sei "der Israel erlösen werde", scheinen gescheitert. Aber immerhin: Sie reden "miteinander über all das, was sich ereignet hatte". Sie tauschen ihre Gedanken aus. Sie verstummen nicht, sondern bleiben im Gespräch über ihre verschütteten Hoffnungen, über ihre Enttäuschungen und ihre Traurigkeit.
  • Jesus überfällt sie nicht mit seiner Gegenwart. Er nähert sich ihnen behutsam, um sie zu dem Geheimnis hinzuführen, dass der Tod besiegt ist durch das Leben. Er beginnt mit ihnen über die Heilige Schrift - das ist für sie damals die hebräische Bibel - zu sprechen. Sie werden von ihm erinnert an das, was sie aus dem Zeugnis der Bibel über Gott wissen: Gottes Treue, Gottes Barmherzigkeit; dass Gott einen neuen Anfang setzt, wo Menschen die Geschichte in eine Sackgasse geführt haben.
  • Emmaus ist der Ort, wohin sie unterwegs waren. Vielleicht hat Kleopas hier früher gelebt und er wollte einfach nur daheim untertauchen. Da aber machen die beiden etwas Entscheidendes. Auch wenn sie Jesus noch nicht erkannt haben, bitten sie ihn, bei ihnen zu bleiben. "Bleib doch bei uns; denn es wird bald Abend, der Tag hat sich schon geneigt." Jesus drängt sich ihnen nicht auf, aber als sie ihn bitten, bleibt er bei ihnen. Äußerlich ist es nur ein Abendessen, das sie mit einander einnehmen. Aber den beiden gehen dort, wo sie nach einem langen gemeinsamen Weg, nach dem gemeinsamen Nachdenken über die Heilige Schrift, nachdem sie den Unbekannten eingeladen haben, bei ihnen zu bleiben, "die Augen auf, und sie erkannten ihn". Sie erkennen, dass Jesus die ganze Zeit mit ihnen auf dem Weg war.

3. Aufbruch

  • "Noch in derselben Stunde brachen sie auf", heißt es im Evangelium. Nachdem sie einmal erkannt haben, dass Jesus lebt und bei ihnen ist, hält sie nichts mehr in dem alten Emmaus. Sie brechen auf dem schnellsten Weg auf nach Jerusalem. Sie wollen mit den anderen Jüngern ihre Erfahrungen teilen und hören dort, dass die anderen ebenso von einer Begegnung mit dem Auferstandenen berichten können: "Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen", sagen sie.
  • Man kann sich vorstellen, dass die beiden Emmaus-Jünger mehrfach sich anders entschieden hätten. Sie hätten von vorne herein schweigen können über ihre enttäuschten Hoffnungen, ihr Herz vor einander verschließend. Sie hätten sagen können, dass sie die Bibel nicht interessiert, als Jesus ihnen auf dem Weg erklärte, was schon "in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht". Sie hätten gegen Abend sagen können, der Fremd solle jetzt seiner Wege ziehen, statt ihn zum Bleiben einzuladen. Ja, sie hätten sogar noch, nachdem sie ihn erkannt haben, in ihrem kleinen beschaulichen Emmaus bleiben und sich dort einen kleinen Hausaltar einrichten und es dabei bewenden lassen können. Statt dessen aber sind sie aufgebrochen und in die Gemeinschaft der anderen Jünger zurückgekehrt.
  • Ostern hat sich ereignet an einem bestimmten Tag vor zweitausend Jahren. Die Taufe heute ereignet sich an einem bestimmten Tag. Gott ruft zum Leben, das ist beiden Tagen gemeinsam. Beides aber kann völlig folgenlos werden, wenn wir uns nicht auf den Weg machen, nicht unterwegs mit einander sprechen über das, was uns bewegt, nicht neugierig sind auf Gott, der sich in der Heiligen Schrift offenbart, Gott - den wir noch gar nicht richtig erkannt haben - drängen bei uns zu bleiben, um uns von ihm beschenken zu lassen mit dem Brot, das er für uns bricht - wie in jeder Feier der Heiligen Messe. Viele Wenn's. Wir können aber auch einfach genau den Weg der Jünger von Emmaus gehen und dann werden wir erfahren, wie viele von uns schon die Erfahrung gemacht haben: "Der Herr ist wirklich auferstanden".