Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zur Hochzeit - Hauptthema Liebe

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21. August 2015 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Überwältig von Liebe

  • Das Hauptthema ist Liebe, meinten die beiden auf die Frage, warum es bei der heutigen Hochzeit vor allem gehen sollte. Wenn man ein wenig darüber nachdenkt, ist es in der Tat ein angemessenes und naheliegendes Thema. Was denn sollte heute die Hauptsache sein, wenn nicht die Liebe zwischen F. und R..
  • Skeptische Freunde von F. könnten aber auch denken, dass er in die Falle seiner Hormone getappt sei. Er, ein sonst so vernünftig denkender Mensch, auf einmal Hals über Kopf verliebt, das passt doch gar nicht zu dem sonst so klaren, ruhigen Informatiker. Bei R. wird man sich vielleicht weniger wundern, aber F.?
  • Und doch sagen Beide: Hauptsache Liebe, und meinen es ganz ernst damit. Es geht ihnen um mehr, als um ein paar Hormone der Verliebtheit. Sie wollen für einander da sein, mit einander da sein und sich an einander freuen und glücklich sein. R. und F. wollen füreinander die Hauptsache sein.

2. Geschaffen aus Liebe

  • Das Brautpaar hatte sich selber die Stellen aus der Bibel ausgesucht, die heute im Gottesdienst gelesen wurden. Es mag an R. liegen, es mag an F. liegen, aber das Ergebnis ist relativ konservativ.
    Aus dem Matthäusevangelium haben wir gehört, dass da Leute zu Jesus gekommen sind, "die ihm eine Falle stellen wollten". Wörtlich heißt es: Sie wollten ihn auf die Probe stellen. Dazu wählen sie das Thema Ehe und Ehescheidung. Jesus war offenbar bekannt dafür, dass er bei diesem Thema quer lag zur Mehrheit seiner Mitbürger.
  • Allgemein war man damals in der Antike der Auffassung, dass Männer ihre Frauen auch aus der Ehe wieder entlassen können, wenn sie nur gute Gründe dafür haben. Den Frauen hat man das natürlich nicht zugestanden. Mann diskutiert über die Frage, welche Gründe einen Mann haben muss. Aber dass ein Mann das Recht hat, sich scheiden zu lassen, war - wie heute für Frauen und Männer - so auch damals allen Männern selbstverständlich. Nur Jesus nicht. Die Falle, die sie ihm stellen, besteht darin, dass sie versuchen, Jesus in ihre eigene Fragestellung zu verwickeln, ob man nun aus diesem oder ob man nur aus jenem Grund sich scheiden lassen dürfe. So wie manche heute fragen: Wie viel Verliebtheit braucht es, um zusammen zu bleiben, und ab wie langen schweren Zeiten soll man sich scheiden lassen?
    Wer so nur mit der Möglichkeit des Scheiterns diskutiert, hat schon lange die Hauptsache aus dem Blick verloren. Dem Scheidungsrecht geht es um alles Mögliche, aber nicht mehr um den Menschen und seine Fähigkeit, sich einem anderen zu versprechen und ihm treu zu sein, auch wenn ein Computer schon längst außer Dienst genommen würde. Die Hauptsache ist etwas anderes.
  • Christen fragen: Was ist von der Schöpfung her in uns angelegt? Das ist keine abstrakte Frage nach irgendeinem Urknall. Vielmehr glaube ich, dass Gott in jedem Augenblick Ursprung von allem ist, von allem was es gibt, von allem was in Freiheit und Liebe lebt, von allem was mich umgibt. "Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer die Menschen am Anfang als Mann und Frau geschaffen hat"? Das ist ganz konkret: Das, was in R. und F. angelegt ist, das was sie jeden Augenblick trägt und umgibt, was die Lebendigkeit und die Sehnsucht in ihnen ist, das ist "als Mann und Frau geschaffen", für einander und mit einander. Das ist die Ressource, die ihnen Kraft geben kann zur treuen Liebe. Nur von hier her ist zu verstehen, warum die Hochzeit hier etwas so ganz anderes zu sein vermag, als die Vertragsunterzeichnung beim Standesamt.

3. Ausgerichtet auf Liebe

  • Was vom tragenden Ursprung gilt, gilt auch vom Ziel. Die beiden sagen: Wir bleiben nicht zusammen bis dass der Tod uns scheidet; wir bleiben zusammen bis in Ewigkeit. Das könnte jetzt auch eine calabresische Liedzeile sein, die von schluchzenden Geigen begleitet wird - und den Informatiker skeptisch fragen lässt, wie man die Ewigkeit denn berechnen kann. Ich hingegen würde sagen: Ja, ein wenig kitschig schon, aber der Braut sei es nachgesehen und außerdem ist es doch genau das, was wir meinen, wenn wir sagen: Heute feiern wir Hochzeit als Sakrament. Als Heiliges Zeichen, als Zeichen, das aus unserer Zeitlichkeit und Begrenztheit kommt und doch verweisen darf auf Gottes Ewigkeit.
  • Ewigkeit ist nicht aneinander gereihte Zeit, sondern durch tragende Liebe aus der Vergänglichkeit befreites Leben.
    Natürlich wissen F. und R. - unsere beiden Verliebten in ihren klaren Momenten -, dass auch ihr Leben unter dem Zeichen der Vergänglichkeit steht. Ja, das Leben ist endlich und das Sterben gehört zum Leben hinzu. Aber der einzige Tod, den wir fürchten sollten, ist wenn die Fähigkeit zur Liebe stirbt, und alles nur noch um mich selber kreist. Diesen unendlich langweiligen Egoismus nennen wir Hölle, jene Liebe, die selbst durch den Tod hindurch trägt, nennen wir Himmel, Ewigkeit in Gottes Angesicht.
  • Liebe R., lieber F.: Von Anfang an hat Gott Euch für einander geschaffen. In jedem Moment, in dem ihr das lebt, ob in guten oder schweren Tagen, werdet ihr von Gott, dem Schöpfer getragen, und seid ein Zeichen, das hinweist auf die Vollendung Eurer Liebe in Gottes Liebe, die alles umgreift. Macht jetzt, in der Zeit die Euch mit einander geschenkt ist, die Erfahrung, dass Eure Liebe zu einander Euch öffnet für die Menschen, die Euch brauchen: Eure Kinder, Eure Gäste, Menschen in Not, die Euch begegnen werden. So werdet Ihr ganz konkret erfahren: Die Liebe, die Euch beiden zu einander geschenkt ist, wird Euch hineinführen in die immer größere Liebe, auf die das Sakrament Eurer Ehe hinweist. Amen.