Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Fest Herz Jesu 2015 (Lesejahr B) (Hosea)

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12. Juni 2015 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Verletzlich

  • Jesus zeigt sein Herz. Manche Bilder der Barmherzigkeit Gottes zeigen die Strahlen, die vom Herzen Jesu ausgehen. Aber die älteren Darstellungen zeigen in fast anstößigem Realismus anatomisch detailliert den Heiland, der seine Seite öffnet, so dass sich darin sein Herz zeigt.
  • Dieses Bild sagt, dass Gott sich verletzlich macht. Wo andere sich eine schusssichere Weste anziehen, da verzichtet Gott nicht nur auf jeden Schutz; mehr noch, er legt sein Herz bloß. Gott macht sich verletzlich.
  • Manchen macht schon die Vorstellung Angst, dass die eigenen Eltern nicht immer stark sein könnten. Viele trifft es hart wenn sie erleben, wenn der eigene Vater schwach und verletzlich wird. Wie kann man da ertragen, dass Gott, dort wo er sich offenbart und zeigt, verletzlich ist bis zum Tod?

2. Offenbar

  • Die Menschwerdung Gottes in Jesus ist ein Ereignis, das nicht erwartbar war. Selbst im Nachhinein ist es nicht wirklich nachvollziehbar, dass Gott aus Liebe verletzlich und sterblich wird. Das gehört nicht zum Bereich des Erwartbaren.
  • Aber im Licht der Menschwerdung wird deutlich, dass Gott schon immer sich genau so seinem Volk offenbart, schwach in seiner Liebe: "Wie könnte ich dich preisgeben, Efraim, wie dich aufgeben, Israel? Mein Herz wendet sich gegen mich, mein Mitleid lodert auf."
    Diese Liebe Gottes ist enttäuscht worden, das ist das Thema des Propheten Hosea. Wenn vom "Zorn" Gottes die Rede ist, dann spiegelt sich darin das ganze Ausmaß wieder, in dem Menschen Ungerechtigkeit verübten und auf das Recht der Armen vergessen hatten. So sehr Gott sich offenbart als einer der sich von der Liebe gefangen nehmen lässt, der liebt wie eine gute Mutter, "die den Säugling an ihre Wangen hebt", so wenig gleicht Gott einem Menschen, der sich vom Zorn gefangen nehmen und hinreißen lässt: "Denn ich bin Gott, nicht ein Mensch, der Heilige in deiner Mitte. Darum komme ich nicht in der Hitze des Zorns."
  • Die ganze Glaubenserfahrung Israels steht staunend vor Gott, der buchstäblich schwach wird aus Liebe. Gott schenkt dem Menschen Raum, indem er sich zurück nimmt. Wegen dieser Geschichte Israels mit seinem Gott, konnte sich Gott in diesem Volk in letzter Radikalität offenbaren. Verletzlich wie ein Mensch.

3. Gebunden

  • Für mich ist das Herz-Jesu-Bild ein Ort der Begegnung. Das Bild ist eine Ikone. Sie öffnet mir den Ort, an dem mir ganz konkret der Allmächtige begegnen will. Die meisten Herz-Jesu-Bilder machen das dadurch deutlich, dass Jesus mich, der ich vor dem Bild stehe, anschaut. Andere Bilder laden eher dazu ein, mit ihm nach Innen zu schauen, um Gott zu begegnen.
  • Auf dem Hintergrund der Lesung aus Hosea verstehe ich: Gott schaut mich durch Jesus Christus an und zeigt mir: Die Liebe bindet mich an Dich, Mensch, an Dich mein Volk! Verletzlich ist Liebe dort, wo sie sich bindet.
  • Worum ich angesichts dieses Gottes bitte, ist die Kraft verletzlich zu sein in meiner Liebe. Mich in Dienst nehmen zu lassen, mich binden zu lassen in meiner Liebe, treu zu sein dort, wo ich hingestellt bin: Als Priester, im Orden, in einer Familie, im Mittun in der Gemeinde und vor allem immer in dem unspektakulären Dienst an den Menschen, denen ich begegne. Amen.