Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zu Gründonnerstag 2005

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24. März 2005 - Oberschwappach/Knetzgau

1. Theorie, Gleichnis, Tat

  • Immanuel Kant ist ein großartiger Philosoph. Die Klarheit seiner Gedanken und Analysen ist phantastisch. Zugegeben, es eignet sich nicht als Bettlektüre und ist sehr anspruchsvoll zu lesen. Jedoch sein "kategorischer Imperativ" ist die vielleicht beste Analyse, wie man handeln soll. Immanuel Kant, das ist Philosophie vom Feinsten. Aber es ist nicht das Evangelium.
  • Das Evangelium hat wenig Theorie und viele Erzählungen. Deswegen kann man das Evangelium auch verstehen, ohne Philosophie studiert zu haben. Die Gleichnisse, die Jesus erzählt, kann jeder verstehen, der sich auf sie einlässt und sie im Glauben meditiert. Aber: auch wenn man ein Buch mit allen Gleichnissen Jesu für alle Glaubensfragen zusammenstellen würde, es wäre nicht das Evangelium.
  • Das Evangelium ist zu aller erst die Frohe Botschaft von dem, was Gott getan hat und tut. Die ganze Bibel ist nicht in erster Linie Theorie über Gott und auch nicht viele anregende Bilder über Gott, sondern Frohe Botschaft dessen, was Gott an seinem Volk und allen Menschen tut.

2. Fußwaschung

  • Das Wort im Zentrum des heutigen Evangeliums heißt griechisch "poiein", übersetzt mit "tun" oder "handeln". Jesus selbst sagt über die Fußwaschung: "Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe". "Tut so, wie ich euch getan habe!", übersetzt Luther. Es geht um das Tun Jesu - und unser Tun.
  • Was aber bedeutet tun und handeln nach dem Beispiel Jesu? Wer von uns pflegt anderen die Füße zu waschen? Da sind die unter uns, die sich, ohne viel Aufhebens davon zu machen, um Alte und Pflegebedürftige kümmern und ihnen die Füße waschen - und mehr. Dies ist ganz sicher Tun, wie es Jesus im Sinn hatte. Es ist aber klar, dass es Jesus nicht um das wort-wörtliche Nachahmen des Beispiels geht.
  • Jesus gibt uns ein Beispiel. Nicht eine Geschichte erzählt er, sondern er tut etwas. Am Abend vor seinem Leiden nimmt er im Kreis seiner Apostel eine Schüssel und wäscht ihnen reihum die Füße, die in den Sandalen staubig geworden sind vom Weg. Allen Zwölfen wäscht Jesus die Füße. Judas, der ihn verraten wird, ist ebenso dabei, wie Petrus, das Großmaul, der ihn verleugnen wird. Das Beispiel, das Jesus gibt, ist dass er, der Herr und Meister, an den Jüngern und Gesandten so handelt und ihnen dies tut: den Dienst eines Sklaven.

3. Der Herr und die Knechte

  • Der Schlüssel zu diesem Evangelium ist das Wort vom Knecht, der nicht größer ist als sein Herr, und vom Gesandten - griechisch: "Apostel" -, der nicht größer ist, als der, der ihn gesandt hat. Dies Evangelium wird nur verstehen können, wer glaubt, dass Jesus der Christus, der Gesalbte und Sohn des Allerhöchsten ist. "Wenn ihr dies wisst - selig seid ihr, wenn ihr´s tut" (Luther nach dem griechischen Wortlaut von Vers 17).
  • Wie sollen wir nach dem Beispiel handeln: der Herr wäscht die Füße seiner Knechte? Denn sind nicht wir hier die Knechte? Wie sollen wir dann handeln, als wären wir Herren? - Nein, wir sind nicht Knechte. Jesus hat uns Freunde genannt. Gott hat an uns gehandelt und etwas getan, was uns frei gemacht und weit über den Stand des Knechtes erhoben hat: In der Taufe hat er uns berufen, seine Erben zu sein, Miterben Christi. Und in der Feier des Heiligsten Abendmahls hält uns Gott für würdig, den Leib und das Blut seines Sohnes zu empfangen. Was Gott getan hat, hat uns verändert.
  • Wir sind Gottes Kinder. Ein größerer Würdetitel ist unter uns Menschen nicht denkbar. Wir dürfen teilhaben am Leib Christi. So verstehe ich den Hinweis Jesu an Petrus, der schließlich nicht nur die Füße, sondern alles gewaschen haben will. Jesus sagt ihm: Ihr seid schon rein durch das Wasser der Taufe. Ihr seid Königskinder. Alles was Euch fehlt, ist dass ihr zulasst, dass Euer Herr Euch die Füße wäscht - da Ihr so lernt, dass Kinder Gottes sich dadurch auszeichnen: dass sie einander in Liebe dienen. Amen.