Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Hochfest Fronleichnam, Lesejahr C 2004 (Lesejahr C)

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10. Juni 2004 - St. Cyriakus Habitzheim

1. Feste feiern

  • Würden wir keine Feste feiern, es würde etwas fehlen. Feste schaffen Platz, zu feiern was uns wichtig ist. Kein Gesetz kann uns zwingen, ein Fest zu feiern. Deswegen sind die Zwangsfeiern mit Fähnchenschwingen in Diktaturen nie ein Fest. Feiern können wir nur, was uns wichtig und wertvoll ist.
  • Feste entstehen oft, weil etwas fehlt. Weil etwas neu und anders zum Ausdruck kommen und gefeiert werden soll, kommen Menschen auf die Idee, ein Fest zu feiern. Deswegen ist es kein Zufall, dass das Fronleichnamsfest im 13. Jahrhundert entstand. Denn damals war die Messe für die allermeisten Christen eine Feier ohne Kommunionempfang. Höchstens ein Mal im Jahr, an Ostern, ging ein normaler Christ zur Kommunion. Dass die Riten, die der Priester am Altar in Latein vollzog, etwas mit dem Letzten Abendmahl Jesu zu tun hat, war aus dem Bewusstsein verschwunden. Die Ehrfurcht vor dem Sakrament war in Gefahr.
  • In dieser Zeit hatte die Nonne Juliane von Lüttich eine Vision. Sie sah den Vollmond hell strahlend, doch mit einem dunklen Fleck. Der Fleck zeigte ihr, dass in der Feier der Kirche etwas fehlt. So überzeugte sie den Bischof und den späteren Papst, ein Fest zu Ehren der Hl. Eucharistie einzuführen. So entstand vor 800 Jahren langsam unser Fronleichnamsfest.

2. Was heute fehlen mag

  • Denken wir heute an die Eucharistie, fehlt vermutlich auch etwas. Dann ist es gut, wenn wir uns nicht mit gegenseitigen Vorwürfen und Ermahnungen überhäufen. Statt dessen können wir das Fest, das wir feiern, mit dem füllen, was fehlt: den dunklen Fleck am hellen Mond neu erstrahlen lassen.
  • Vielleicht fehlt uns echte Gemeinschaft. Es könnte sein, dass mancher bei der Eucharistie zu sehr damit beschäftigt ist, was er selbst bekommt. Der Empfang der Kommunion kann ja ein ganz besonders tiefes und persönliches Erlebnis der Begegnung mit Christus sein. Leicht vergisst man dann, dass Eucharistie immer Feier der ganzen Gemeinde und der ganzen Kirche ist. Aber jede Kommunion verbindet den im Brot gegenwärtigen Christus mit der ganzen Kirche. Deswegen gehört die ganze Messe, gehören die gemeinsamen Gebete, die Lesungen und das gemeinsame Glaubensbekenntnis, gehört die feierlicher Erinnerung an die Einsetzung des Sakramentes - deswegen gehört all das zur Kommunion.
  • Vielleicht ist uns die Kommunion zu selbstverständlich geworden. Was kann es heute bedeuten, Ehrfurcht zu haben? Es geht nicht darum, dass Christus diese Ehrfurcht bräuchte, damit es ihm gut geht. Der Herr hat schon Schlimmeres erlitten. Aber Ehrfurcht kann etwas sein, was uns Menschen erfahren lässt, dass wir wertvoll sind in Gottes Augen und dass es etwas Wertvolles in unserem Leben gibt. Mag sein, dass das in unserem Leben fehlt.

3. Was wir heute feiern

  • Damit haben wir einige Ansätze, Fronleichnam zu feiern. Es ist doch extra das Fest, das nicht am Gründonnerstag, so kurz vor Karfreitag, gefeiert wird. Vielmehr jetzt, zu Beginn der sommerlichen Zeit, feiern wir. Fronleichnam ist ein Fest der Freude über die Gegenwart Gottes in unserer Mitte. Wenn wir in einer festlichen Prozession das Brot des Lebens, in dem Christus selbst sich uns schenkt, durch unsere Straßen tragen, dann ist das nicht reine Folklore. Dann ist das unser Weg, den Glauben zu erneuern.
  • Fronleichnam ist der Weg, die Ehrfurcht zu zeigen. Die Ehrfurcht, derer wir gewahr werden, wenn wir das Geheimnis feiern, dass Gott Mensch geworden ist. Die Ehrfurcht davor, dass Gott unter uns gegenwärtig wird, wo seine Kirche das Gedächtnis seiner Hingabe feiert. Die Ehrfurcht vor allen Menschen, da Gott einer von uns und mitten unter uns ist. Die Ehrfurcht vor dem von Gott geheiligten Menschen wird gewahrt, wenn wir Ehrfurcht gewinnen vor dem unter uns gegenwärtigen Gott.
  • Fronleichnam ist der Weg, die Gemeinschaft zu feiern. Die Gemeinschaft, die von Menschen nicht machbar ist. Gott selbst hat uns aus allen Völkern und Sprachen zusammen gerufen. Christus lädt uns an seinen Tisch, um das Brot zu empfangen, das das Leben ist. Welch ein großartiges Ereignis. Gäbe es dieses Fest nicht, es würde uns etwas fehlen. Amen.