Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Fest Erscheinung des Herrn, Dreikönig 2010 (Matthäus)

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06.01.2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Delegation aus dem Osten

  • Sie sind die schlauen Jungs aus dem Osten. Sie sind gebildet, wohlhabend und aufgeweckt. Ganz auf dem Stand ihrer Zeit erforschen sie die Sterne, die Informationsquelle der Antike für wichtige Ereignisse auf der Welt. So sehen sie den Stern, dessen Aufgang - wie auch immer - für sie die Information enthält: Der aufgehende Stern verweist auf einen neuen Herrscher, einen "König der Juden".
  • Wir wissen gar nicht, warum die Weisen aus dem Osten nach Jerusalem gegangen sind. Vielleicht waren es Kaufleute, die wie Wirtschafts-Lobbyisten bei der neuen Bundesregierung vorstellig werden wollten. Vielleicht hatten sie mit Juden schon gute Handelserfahrungen gemacht und wollen sich der Gunst des neuen "Königs der Juden" versichern. Aber sie scheinen doch geahnt zu haben, dass diese Sternenkonstellation mehr zu bedeuten hat, als einen Regierungswechsel. Also ziehen sie los, gehen nach Jerusalem und sprechen am Königshofe vor. Dort allerdings erfahren sie, dass noch der alte König auf dem Thron sitzt. Vielleicht ahnen sie, dass dieser gar nicht so erfreut ist über die Nachricht.
  • Aber in Jerusalem erfahren sie Entscheidendes. Der König, dessen Sternbild sie in ihrer Heimat gesehen hatten, ist nicht im Palast zu finden, sondern im Dörfchen Betlehem. Dieser ist nicht der "König der Juden", wie sie bisher dachten, dass dieses Volk halt so einen König habe. Nein, es ist der "König von Israel" und in diesem Namen deutet sich an, dass in ihm Gott selbst König seines Volkes ist, kein üblicher König, sondern "Hirt seines Volkes", des Volkes Gottes. Und jetzt, jetzt auf einmal erst, gerät der Stern, den sie im Osten hatten aufgehen sehen, in Bewegung. Der Stern selbst weist ihnen ab jetzt den Weg zu dem König, den allein anzubeten sich lohnt.

2. Gottsucher am Königshof

  • Wenn man das Evangelium aufmerksam liest, merkt man, die beschriebene Veränderung: Aus den Königssuchern werden Gottsucher, aus den Sternkundigen werden Menschen von einem Stern geleitet. Aus denen, die Königspaläste für die erste Adresse halten, werden Pilger zum Stall von Betlehem. Als sie daheim aufgebrochen waren, hatten sie von all dem noch nichts geahnt.
  • Diese Weisen gibt es heute oft. Sie sind auf der Suche, weil sie in ihrem eigenen Denken merken, dass da eine Sternenkonstellation ist, die sie motiviert aufzubrechen. Sie machen sich, zögerlich vielleicht, auf die Suche. Vielleicht ist diese Sternenkonstellation ein Mensch, den sie lieben, vielleicht eine Frage, die sie umtreibt, vielleicht ein Ereignis, das ihr Leben erschüttert hat.
  • Die Suche führt sie nach Jerusalem. Dort, beim König und den Schriftgelehrten, hoffen sie Antwort zu finden. Aber der König und seine Priester sind selber nicht an Antworten interessiert. Sie sorgen sich nur um den eigenen Machterhalt oder zumindest darum, dass nichts und niemand ihre wohlgeordnete Welt stört. Aber sie haben eines: Die Heilige Schrift. Sie haben sie selber vielleicht nicht verstanden. Sie leben selber ganz offensichtlich nicht danach. Aber diese Schrift, die Bibel, hat so viel Kraft und Autorität in sich, dass sie auch noch durch Religionsvertreter sprechen kann, die durch ihr Leben so wenig von dem vermitteln, was die Frohe Botschaft ist. Und wird durch die Zeiten hindurch auch durch sie die Botschaft von der Nähe Gottes weiter gegeben werden

3. Stern der führt nach Betlehem

  • Nun aber führt ein Stern die Weisen. Erst jetzt, nachdem sie Jerusalem verlassen, heißt es: "Der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war." Das entscheidende Wort haben sie Jerusalem bei den "Hohenpriestern und Schriftgelehrten" gehört. Aber jetzt leitet sie Gott selbst durch seinen Stern nach Betlehem. "Dort blieb er stehen", denn er hat sein Ziel erreicht.
  • Wo sieht ein Suchender den Stern, der ihn führt? In der Öffentlichkeit findet er vielleicht die "Hohenpriestern und Schriftgelehrten" von heute, die Kirche, ihren Papst, ihre Bischöfe und Pfarrer. Auch wenn all diese ihren Glauben redlicher leben sollten, als damals der Königshof in Jerusalem, so können sie doch im Letzten nicht mehr tun, als das, was der korrupte König Herodes und seine Schriftgelehrten letztlich doch getan haben: Auskunft zu geben über das, was in der Schrift steht. Dann aber braucht der Suchende einen Stern, der ihn nach Betlehem führt.
  • Zum Glauben führt kein Papst und kein Pfarrer. Wer wegen eines Papstes oder Pfarrers in die Kirche eintritt, tritt wegen des nächsten auch wieder aus. Zum Glauben können nur Menschen führen, die wie der Stern von Betlehem mitgehen auf dem Weg zur Krippe. Es sind Sie, jeder einzelne Getaufte, der zu einem solchen Stern werden kann, wenn sie merken, dass sie Menschen mitnehmen können zur Erfahrung Gottes. In Ihrem Alltag treffen Sie auf die Suchenden, in der eigenen Familie, im Freundeskreis, in der Schule, bei der Arbeit - oder vielleicht nur ganz zufällig. Sie ahnen es vielleicht nicht: Aber durch Ihr ganz persönliches Zeugnis eines lebendigen Glaubens könnte Gott selbst sie zum Stern machen, der Menschen nach Betlehem führt. Gott selbst führt durch Menschen Menschen zum Glauben, just zu dem Ort, an dem der König von Israel, der Heiland der Welt, das Kind im Stall zu finden ist. Amen.