Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Dreifaltigkeits-Sonntag im Lesejahr C 2004

Zurück zur Übersicht von: Dreifaltigkeits-Sonntag (C)

6. Juni 2004 - Universitätsgottesdienst St. Ignatius, Frankfurt

1. Akku leer

  • Wenn der Stecker gezogen ist, funktioniert die beste Maschine nicht mehr. Allenfalls der Akku sorgt noch eine Zeit lang für die Stromversorgung, bis auch dieser ausgebrannt ist und leer. Ohne Energiequelle läuft nichts. Niemand käme dann auf die Idee zu argumentieren, das könne doch nicht sein. Bisher sei die Maschine doch so fantastisch gelaufen und habe so hervorragende Ergebnisse geliefert. Das war bisher. Wenn aber der Weg zur Quelle unterbrochen ist, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis nichts mehr läuft.
  • Das ist beim Menschen nicht viel anders. Trotzdem ist es uns nicht so bewusst. Christen glauben - in der Regel - dass Gott uns Menschen erschaffen hat. Wir tun uns aber deutlich schwerer, daran zu denken, dass die Verbindung zu Gott, unserer Quelle, die Voraussetzung dafür ist, dass das Leben in uns bleibt. Getrennt von dieser Quelle würden wir - wie es ein Psalm sagt - zu Staub zerfallen (Ps 104,29).
  • Wir merken dies nicht so schnell. Denn die Quelle des Lebens speist uns auf unzähligen kleinen Wegen mit neuer Energie. Die ganze Welt ist voll von Gott, ihrem Schöpfer und an vielen Stellen können wir etwas von der Kraft tanken, die uns erschaffen hat. Wir sagen: "Gott ist die Liebe" und die Liebe ist es, von der wir leben und die wir durstig in uns aufnehmen, wo sie uns begegnet. Es gibt aber auch die Situation, in der die vielen kleinen Wasseradern des Lebens nicht mehr hinreichen, weil zu viele verstopft und verengt sind. Zu viele Zugänge zu uns sind verschlossen. In dieser Situation leben wir nur noch von dem, was in unserem Akku gespeichert ist. Irgendwann ist der Akku leer und wir ausgebrannt.

2. Dreifaltigkeitssonntag

  • Am Dreifaltigkeitssonntag feiern wir Gott, den uns die Bibel verkündet. Mit der Rede von der Dreifaltigkeit Gottes ist es der frühen Kirche gelungen, die biblische Gotteserfahrung zu bewahren, auch im Umfeld des römischen Reiches und der griechischen Philosophie. Der Gott der Philosophen ist ein unbewegter, ewiger, in sich ruhender und sich genügender Gott. Aber Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, Gott, der Vater Jesu Christi, bewegt sich auf den Menschen zu, begibt sich in das Spannungsgemenge der Geschichte, ruht nicht, bis das Verlorene gefunden ist und verströmt sich in seine Schöpfung.
  • Das Bild von der "Quelle des Lebens" (Ps 36,10) hilft zu sehen, dass die Dreifaltigkeit Gottes nicht tote Theorie sondern lebendige Wirklichkeit ist. Dieses Bild nämlich stellt jeden persönlich vor die Frage: Wo ist meine Quelle des Lebens? - oder: wo ist meine Beziehung zur Quelle des Lebens? Wo ist meine Aufmerksamkeit für Gott und Gottes Gegenwart in meinem Leben?
  • Der dreifaltige Gott macht offenbar, dass Gott auf die Welt bezogen ist. Es ist Gottes Anliegen, nicht irgendwann am Anfang Schöpfer gewesen zu sein, sondern fortdauernd, in jedem Moment Schöpfer zu sein, Quelle des Lebens. Eben dies meint die erste Lesung aus dem Buch der Spruchweisheiten im Alten Testament. Dort spricht sich das Wort Gottes aus und nennt sich Weisheit. Diese Weisheit ist nicht nur zugegen gewesen, "als die Urmeere noch nicht waren", sondern diese Weisheit lebt unter den Menschen. Gottes Geist will nicht nur unter den Menschen sein und sie beleben, nein, es ist sogar seine "Freude, bei den Menschen zu sein".

3. Zugang zum Leben

  • Der Glauben an Jesus Christus ist unser Zugang zur Gegenwart Gottes unter uns. Paulus drückt das im Römerbrief aus, wenn er schreibt, dass wir durch diesen Glauben "Frieden haben mit Gott" und "Zugang zu der Gnade, in der wir stehen", wenn wir uns hineinnehmen lassen in diese Gemeinschaft mit Gott, wenn wir in Jesus Christus Gott vertrauensvoll unseren Vater nennen.
  • Die Radikalität ist nicht zu überbieten. Gott ist nicht der in sich ruhende unbewegte Beweger, sondern er möchte alles, was er ist, seine ganze Heiligkeit und Herrlichkeit an uns mitteilen. Darin liegt die Berufung unserer Taufe. Im Johannesevangelium sagte Jesus daher, dass der Vater ihm alles anvertraut hat - damit es uns verkündet wird - damit wir im Geist dieser Verkündigung leben.
  • Deswegen steht das Fest der Heiligen Dreifaltigkeit am Ende des Kreises von Weihnachten (Menschwerdung), Ostern (Überwindung des Todes) und Pfingsten (Ausgießung des Heiligen Geistes): In diesem Fest danken wir Gott für seine Gegenwart. Wir loben den Menschgewordenen und versuchen zu begreifen, welche Quelle uns aufgetan ist in dem Geist, in dem Gott uns alles mitteilen will, was er selbst ist. In der Betrachtung dieser Liebe liegt deswegen der Schlüssel des Geheimnisses, wie es möglich ist, nicht auszubrennen und leerzulaufen, sondern aus der Fülle zu leben. Amen.