Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zu Aschermittwoch 2016 (Matthäus)

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10. Februar 2016 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Sünde

  • "Durch das Fasten des Leibes hältst du die Sünde nieder..." Der Satz findet sich in einem der Präfationsgebete für die Fastenzeit. Den Gedanken werden Sie auch im heutigen Gabengebet entdecken. Vielleicht habe ich ja den falschen Film gesehen, aber bei mir entsteht das Bild eines Fasses voll brodelnder Sünden und nur mühsam gelingt es, den Deckel runter zu drücken. Doch in dem Lobgebet der Präfation ist es ausdrücklich Gott, der den Deckel drauf hält. Fastenzeit ist also nicht einfach dazu da, dass ich in großer moralischer Anstrengung endlich mal weniger sündige; das auch und immer, nicht nur in der Fastenzeit.
  • Das Wort Sünde meint deutlich mehr, als 'moralisches Fehlverhalten'. Das christliche Wort Sünde bezeichnet vielmehr ganz grundsätzlich die Erfahrung, von Gott getrennt zu sein - und damit immer auch von anderen Menschen und sogar von mir selbst. Und wenn sie auch nicht schlechthin von einander trennt, so ist Sünde doch immer eine Beziehungsstörung zwischen mir und Gott. Die Ursache liegt bei uns Menschen. Wer jedoch genau die Sünde verursacht hat, ist nicht schon von vorne herein ausgemacht.
  • Wenn wir zu Gott beten, er möge die Last der Sünde von uns nehmen, dann sind damit strukturelle Sünde und die Sünde, mit der andere mir die Gottesbeziehung vergiften, neben meiner eigenen Schuld zumindest mit gemeint. Sünde ist, was sich zwischen Gott und mich zu schieben versucht. Deswegen geht es nie nur um Einzelne, sondern immer auch um uns als Gemeinschaft. Man lese dazu noch einmal die Erste Lesung des heutigen Gottesdienstes.

2. Gebet, Almosen und Fasten

  • Was Jesus in der Bergpredigt zum Thema Gebet, Almosen und Fasten sagt, ist nur von da her verständlich. Wir sollen beten, fasten und Almosen geben, aber nicht um vor den Menschen damit zu prahlen.
    Stellen Sie sich vor, Sie wollen Ihrer Frau einen Blumenstrauß schenken und wählen dafür den Moment, wo Ihr ganzer Kegelclub zuschaut und applaudiert. Irgendwie bekommen die Blumen da ein Geschmäckle und Sie sollten die Beziehung zu Ihrer Frau einmal überdenken....
  • Jesus zeigt einen anderen Ansatz. Er spricht von "deinem Vater, der im Verborgenen ist" (Mt 6,6). Darin ist alles in einem kurzen Satz zusammengefasst. Gott ist immer der Verborgene. Jedes Sprechen von Gott kommt an eine Grenze und jede Erfahrung Gottes ist immer nur die Erfahrung seiner Spuren. Und dennoch offenbart Jesus diesen Gott als einen, der uns annimmt. Jesus führt also hinein in eine Gottesbeziehung, die von all dem befreit, worum es in der Welt sonst geht: Ansehen und Erfolg, Macht und Konkurrenz.
  • Das einzige Wort, das wir haben, das auf diese einzigartige Beziehung verweist, ist Liebe. Mit dieser Erfahrung wird dass Beten, Fasten und Almosengeben vergolten. "Dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten."

3. Durch die Asche zum Leben

  • "Gedenke, Mensch, dass Du Staub bist, und zum Staub kehrst Du zurück." Das Aschenkreuz vom Aschermittwoch führt zeichenhaft in die neue Wirklichkeit Gottes, indem es den Glanz und den Stolz in Schranken weist.
  • All dem in uns, was uns motiviert von den Leuten gesehen und gelobt zu werden, sagt Jesus: Das brauchst du nicht! Der Eitelkeit, durch die wir immer und immer wieder uns und anderen schaden, wird dadurch radikal die Vergänglichkeit entgegen gestellt.
  • Wenn Sie nachher nach vorne kommen, um das Aschenkreuz zu empfangen, dann gehen Sie buchstäblich auf das Kreuz zu. Es ist die Erinnerung, dass Jesus sich seinem Vater im Verborgenen anvertraut hat. Er hat die Vergänglichkeit sichtbar gemacht und angenommen und vor Gott getragen. Und der Vater, der im Verborgenen ist, hat ihn mit dem Leben beschenkt. Amen.