Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Hochfest Allerheiligen 20 ()

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1. November 2020 - Kapelle Petruskrankenhaus, Bonn

1. Allerheiligen

  • Allerheiligen ist das Fest, dass wir dankbar feiern, weil gelungenes Leben nicht so selten ist, wie es da Heiligenkalender mit der überschaubaren Zahl kanonisierte nahelegt. Dort findet sich nur die Zahl derer, zu deren Gedächtnis und Feier Christen zusammenkommen, und die die Kirche in ihrer Liturgie bestätigt.
  • Doch Allerheiligen als Termin ist im Grunde genommen das Eingeständnis der Kapitulation des überschaubaren Kalenders vor der überwältigenden Gnade Gottes, die sich an uns Menschen offenbart. Kein Mensch kann sie zählen!
  • Jeder von uns kennt solche Menschen, an denen sich zeigt: Es ist möglich ist, dass menschliches Leben glückt und gelingt. Nicht in allem und nicht immer, aber der überwölbende Grundton ist das Gelingen, für das wir Gott danken dürfen.

2. Leib Christi

  • Das Evangelium schildert die Eröffnung der Bergpredigt: Jesus spricht dabei seine Jünger an - seine Schüler. Doch er tut dies öffentlich, vor einer großen Menge. Jesus hat keine esoterische Lehre. Er möchte, dass das Verhältnis zwischen ihm und seinen Jüngern öffentlich ist.
  • Daher lese ich die Seligpreisungen auch in erster Linie als Beschreibung dessen, was es bedeutet, Jesu Jünger zu sein. Arm zu sein von Gott, Barmherzigkeit und nicht Gewalt zu üben, hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit.
  • Letztlich spricht Jesus in den Seligpreisungen zugleich von sich selbst. Sie beschreiben ihn selbst und alle, die ihm nachfolgen auf seinem Weg. Durch solche Jünger - durch alle Zeiten - ist der Leib Christi bleibend gegenwärtig.

3. Glückselig

  • Was in unserer Bibelübersetzung "selig" heißt, hat im griechischen Original die Bedeutung von "glücklich". Dabei ist das Wort ursprünglich auf die Götter bezogen - das Glück der Götter. Im Alltagsgriechisch ist aber dann dasselbe Wort für die konkreten Alltagserfahrungen verwendet worden, in denen Menschen meinen, sie hätten mal eben Glück gehabt. Den Zusammenhang gibt es auch in der deutschen Sprache, wenn wir von "glückselig" sprechen.
  • Dabei beschreiben die Seligpreisungen der Bergpredigt das Gegenteil von dem, wofür man normalerweise jemanden glücklich preisen möchte. Weder Erfolg und Reichtum noch günstige Umstände, sondern Armut, Verfolgung, Geringschätzung. Weder Durchsetzungsvermögen noch Macht, sondern Barmherzigkeit und Sehnsucht nach Gerechtigkeit.
  • Das eigentliche Glück findet der Mensch, so er sich von herkömmlichen Glücksvorstellungen frei macht und der eigenen Sehnsucht nachspürt, die wir in uns finden, wenn wir die Verbindung mit Christus entdeckt haben. Glück ist dann dort, wo ich einfach diese Liebe entdecke und lebe, die ich an ihm entdecke. Amen.