Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 4. Sonntag der Osterzeit Lesejahr C 2010

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25. April 2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Außerhalb der Kirche kein Heil.

  • "Außerhalb der Kirche kein Heil." Dieser Satz wird nicht mehr gerne zitiert. Er klingt überheblich: "Wer nicht zu unserem Verein gehört, der hat Pech gehabt. - Wer nicht zur Kirche gehört, wird in der Hölle schmoren." Auch wenn es so krass niemand je gesagt hat, so stellt man sich so doch die Bedeutung des Satzes vor: "Außerhalb der Kirche kein Heil."
  • Das ist überheblich, in der Tat. Wenn Katholiken diesen Satz heute unzeitgemäß finden und ablehnen, könnte das auf subtile Weise auch überheblich sein: Vielleicht unterliegen sie dem Irrtum, sie seien einfachhin die Kirche, von der da die Rede ist. Sie fühlen sich als der Verein Kirche - und kommen sich großherzig vor, wenn sie Anderen zugestehen, auch in anderen Vereinen nach ihrer Façon glücklich zu werden. So würde vielleicht ein St. Pauli-Fan einem HSVler seinen Verein zugestehen - vermutlich nur, wenn er mit Typen, die dem HSV anhangen eh nichts zu tun haben will.
  • Wenn Christen - oder Katholiken - die Kirche als ihren Verein betrachten, dann ist das überheblich. Es ist nicht "ihr" Verein, es ist nicht "unser" Club. So sehr die Kirche eine sichtbare Gemeinschaft auf Erden ist, so sehr wir in der Taufe sichtbar in diese Gemeinschaft aufgenommen werden, so wenig bestimmen wir, wer zu Christus gehört und wer nicht.

2. Grenzen gesprengt

  • Jesus benutzt ein Bild aus der Welt der Hirten. Er spricht von seinen "Schafen", denen, die zu ihm gehören, und denen seine ganze Hingabe gilt: "Niemand wird sie meiner Hand entreißen". Das ist kein Verein, kein abgegrenzter Zirkel. "Mein Vater, der sie mir gab, ist größer als alle", sagt Jesus.
  • Gott sprengt unsere Grenzen. Das wird auch in beiden Lesungen, die wir gehört haben, deutlich. In der Apostelgeschichte wird uns erzählt, wie Menschen sich im Neid verhärtet haben, weil Gott seinen Heiligen Geist nicht nur einem Volk schenkt, sondern Menschen aus allen Völkern. "Ich habe dich zum Licht für die Völker gemacht", heißt es dort - und das Wort "Völker" und das Wort "Heiden" sind nur zwei Übersetzungen für das eine griechische Wort "ethne". In der Tat hat Gott sein Heil damit begonnen, dass er unter allen Völkern das eine Volk Israel auserwählt hat als sein besonderes Volk bis heute. Aber gerade an diesem einen Volk wird deutlich, was bis heute auch für das neue "Gottesvolk aus vielen Völkern" gilt: Allzu leicht wollen wir Gott begrenzen.
  • In der Offenbarung des Johannes wird das anschaulich. Der Seher sieht im Himmel "eine große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen; niemand konnte sie zählen." Dies ist die Gemeinschaft, zu der alle gehören, denen Gott sein Heil schenkt. Niemand kann sie zählen; kein Vereinsregister kann Gottes Liebe Grenzen setzen.

3. Kirche der Getauften

  • Damit ist die konkrete Gemeinschaft der Kirche nicht abgewertet. Nur dürfen wir sie nicht als Begrenzung begreifen, sondern als Geschenk an uns. In der Gemeinschaft mit ihr können wir alles, finden was wir zu unserem Heil brauchen (Das meint der Satz des Konzils, in der Katholischen Kirche "subsistit" die Kirche Christi). Anderen wird Gott auf seine Weise das Geschenk geben, dass sie seine Gegenwart erfahren. Daran habe ich keinen Zweifel.
  • Gott sammelt sich ein besonderes Volk aus allen Völkern und liebt dennoch alle Menschen ohne Unterschied. Was für uns Menschen widersprüchlich klingt, ist das Besondere Gottes: Zu groß, um durch irgendeine menschliche Vorstellung eingefangen zu werden, und doch im Kleinsten und im greifbar Gegenwärtigen zu Hause. Ein Volk aus allen Völkern zum Segen für alle Menschen, dazu beruft uns Gott. Die Berufung zur Taufe und zum Christsein ist ein besonderes Geschenk für jeden von uns, und unsere Gemeinschaft, denn hier wird uns Gottes Liebe gesagt und wird in den Sakramenten erfahrbar - und ist doch wie ein großer Wegweiser, ein großes Tor, das weit über sich hinaus weist. Dafür lohnt es sich, in der Kirche zu sein. Gott bindet, um zu befreien.
  • Wenn wir das erfassen, sind wir wirklich Kirche. Dann erfahren wir, welches Geschenk die Taufe ist. Fest gebunden in einer Gemeinschaft, in der Gott uns öffnet für die Liebe zu allen. Ja, außerhalb der Kirche Gottes gibt es kein Heil. Aber diese Kirche, durch die Gott wirkt, ist viel größer. Wir sind begrenzte und sündige Menschen. Das sind wir wirklich. Aber Gott öffnet uns durch die Taufe dieses besondere Tor für uns hin zu der Liebe, die keine Grenzen kennt. Wie es in der Apostelgeschichte heißt: "Als die Völker das hörten, freuten sie sich und priesen das Wort des Herrn." Amen.