Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 28. Sonntag im Lesejahr C 2010 (2.Timotheusbrief)

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10. Oktober 2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Glaube der heilt

  • "Dein Glaube hat dir geholfen." Von zehn Aussätzigen ist nur einer zurück gekommen, um sich bei Jesus zu bedanken. Ihm sagt Jesus diesen Satz: "Dein Glaube hat dir geholfen." Dabei ist gar nicht so klar, was Jesus damit gemeint hat. Worin besteht dieser Glaube? Hat sein Glaube ihm geholfen, dass er von seiner Hautkrankheit geheilt wurde? Oder hat sein Glaube ihm geholfen, jetzt als ein dankbarer Mensch zurück zu kommen?
  • Glauben ist nicht etwas das ich so einfach selbst machen kann. Glaube ist etwas, das mir geschenkt wird. Dieses besondere Geschenk ist aber nicht so, dass es mit der Post geschickt werden kann. Vielmehr besteht das Geschenk des Glaubens darin, dass Gott mir in meinem Leben begegnen will. Jede Begegnung jedoch braucht zwei Seiten. Das gilt vor allem für den Glauben an Gott, der mir in der Tiefe meines Herzens, im Zeugnis der Heiligen Schrift und in der Feier der Sakramente der Kirche begegnet und dessen Spuren ich in seiner Schöpfung finde.
  • Geheilt von der Hautkrankheit wurden alle zehn. Aber wirklich geheilt und in der Tiefe seines Herzens verändert ist nur der eine, der Fremde, der die Heilung nicht als selbstverständlich angenommen hat, sondern zurück gekommen ist um zu danken. Er glaubt, dass Gott ihm in Jesus begegnet; die Geste, in der er sich vor Jesus zu Boden wirft, drückt aus, dass er in ihm Gottes Gegenwart glaubt. Und das hat ihn verändert, ihn geheilt und ihm geholfen.

2. Wille und Schwäche

  • Der Glaube ist nicht einfach eine Idee oder eine Gedanke. Er ist vielmehr eine Weise zu leben.
  • Wenn ich glaube, dass Gott weder irgendeine kosmische Kraft noch eine durch Gebetsmagie zu beschwörende Gewalt ist, sondern der Gott, der sich in der Heiligen Schrift offenbart, wenn ich glaube, dass Gott sich in der Geschichte Menschen offenbart hat und aus Liebe selbst Mensch geworden ist - wenn ich so glaube, dann will ich diesem Gott begegnen und dann suche ich in der Gemeinschaft mit diesem demütig liebenden Gott die Mitte auch für mein Leben.
  • "Das Wort ist glaubwürdig", heißt es im Zweiten Timotheusbrief. Und dann zitiert der Brief aus einem alten christlichen Hymnus: "Wenn wir ihn verleugnen, wird auch er uns verleugnen." Das bedeutet, dass Gott sich nicht aufdrängt. Wenn wir mit Gott nichts zu tun haben wollen, dann respektiert er das. Wer es für Unsinn hält, dass der ewige Allmächtige es zulässt, ein Teil unserer Geschichte zu sein, der kann Nein dazu sagen. Gott hat sich entschlossen, diese Zurückweisung zu akzeptieren.
  • Eines aber kann und will Gott nicht: Untreu sein. "Wenn wir untreu sind, bleibt er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen." In diesem kurzen Satz ist die Erfahrung des Volkes Gottes zusammengefasst, die in der Bibel von der ersten bis zur letzten Zeile bezeugt wird. Menschen, die zu Gottes Volk gehören wollen und glauben wollen, werden immer auf Gottes offene Arme stoßen. Es gibt keine Schuld und kein Versagen, die größer wären als die Liebe und Barmherzigkeit Gottes. Darin besteht Gottes Größe.

3. Taufe und Bekenntnis

  • In der Taufe bekennen wir uns zu Gott. Heute werden Marie-Antoinette und Marzolaine dieses Ja, ich glaube! selbst sprechen; für Loulou-Pauline und Emilio werden ihre Eltern und Paten das Bekenntnis ablegen. Später dann werden auch diese beiden sich entscheiden, ob sie - wie wir heute zusammen mit der ganzen Gemeinde - diesen Glauben bekennen wollen: Ja, ich glaube an Gott, der in dem Menschen Jesus unter uns gelebt hat, gestorben und auferstanden ist: "Jesus Christus, der Nachkomme Davids, ist von den Toten auferstanden"!
  • Mit diesem Bekenntnis trete ich ein in die Beziehung, die Gott mit uns Menschen aufgenommen hat. Ich erfahre das in der Gemeinschaft der Christen, die mit einander betet - auch in der Familie und mit Freunden - oder das Wort der Heiligen Schrift liest; wir erfahren es besonders, wenn wir den Sonntag zusammen feiern.
    Allerdings muss man wissen, dass das nicht immer auf Zustimmung stößt. Sich zu einem Gott zu bekennen, der sich wie einen Verbrecher hinrichten lässt, ist nicht cool. Wer sich zu dem Ausgegrenzten bekennt, wird leicht selbst ausgegrenzt. Paulus hat das extrem erfahren, als er "sogar wie ein Verbrecher gefesselt" wurde. Im Ansatz wird das aber jeder erfahren, der sich zu Christus bekennt und in der Sendung dieses Gottes die Angst überwindet, sich zu den Ausgegrenzten zu stellen.
  • Ich scheitere daran regelmäßig. Groß ist die Angst um das eigene Ansehen, die eigene Sicherheit. Groß ist immer wieder der Mangel an Vertrauen, dass Gott wirklich treu ist. Zu gering ist meine Fähigkeit, wirklich zu lieben. Dann aber hilft mir die Erinnerung an den großartigen Satz aus dem Zweiten Timotheusbrief: "Wenn wir untreu sind, bleibt er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen." Das gibt Mut, es neu zu versuchen. Amen.