Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 29. Juni Hochfest Peter & Paul 2010

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29. Juni 2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Strategie Gottes

  • Mancher wird Gott einen Strategiewechsel nahelegen. Zu sehr vertraut Gott auf Menschen. Das fängt schon mit Abraham, Isaak und Jakob an, geht über Mose und David weiter und auch danach gibt es immer wieder Einzelne, denen Gott seine Sache anvertraut, wo es neben allem Heroischen menschelte. Der Grundansatz der Strategie Gottes, dass er sich unter allen Völkern ein Volk, Israel, das Volk der Juden, ausgesucht hat, um sich mit diesem so zu identifizieren, ist eine riskante Strategie.
  • Über Petrus und Paulus zu sprechen, bedeutet über diese Strategie zu sprechen. Denn Petrus und Paulus verbindet, dass sie beide, jeder auf seine Weise, darum ringen, wie das geht: Volk Gottes zu sein und allen Völkern das Evangelium zu verkünden. In der Präfation zum heutigen Hochfest heißt es "Petrus hat als Erster den Glauben an Christus bekannt und aus Israels heiligem Rest die erste Kirche gesammelt. Paulus empfing die Gnade tiefer Einsicht und die Berufung zum Lehrer der Völker (gewöhnlich mit 'Heiden' übersetzt). Auf verschiedene Weise dienten beide Apostel der einen Kirche."
  • Der Ursprung der Kirche liegt im Volk Jesu, in Israel. Hier hat unser Glaube seinen Ursprung. Jesus ist vom Vater gekommen, um Israel zu erneuern. Der Weg dazu soll, das ist die Einsicht, die Paulus empfangen hat, über die vielen Völker führen. Die Kirche ist von ihrem Ursprung her die Gemeinschaft aus Juden und Heiden, also aus dem einen Volk und den vielen Völkern. Das Verbrechen jahrhundertelanger Verfolgung der Juden durch Christen zeigt, wie wenig wir diese Berufung als Ausgangspunkt unseres Kirche-Seins verstanden haben.

2. Glaube in Formen

  • Hinter dem konkreten Ausgangspunkt liegt die ständige Berufung. Der Ausgangspunkt war, ob all das, was Israel geholfen hat, seine Identität unter den Völkern zu bewahren, auch für die Menschen gelten soll, die zum Glauben an Christus Jesus gekommen sind. Die Apostelgeschichte berichtet, wie Gott auf verschiedene Weise erst Petrus und dann Paulus und dann das so genannte Apostelkonzil zu Jerusalem in dieser Frage geführt hat.
  • Das besondere für Israel war das Gesetz, das durch Mose am Sinai geoffenbart wurde. Es beinhaltet neben den allgemeinen zehn Geboten auch viele Regeln, die Israel geholfen haben, als kleines Volk und Spielball der Großmächte seinem Gott treu zu bleiben. Dies gilt bis heute für das Volk der Juden. Dies gilt aber in gewisser Weise für jede Form, den Glauben zu leben.
  • Immer ist der Glaube nicht abstrakt, sondern findet in jeder Epoche und jeder Kultur Formen und Regeln, die die Gemeinschaft der Glaubenden zusammenführt und ihnen Halt gibt. Die Kirche hat Formen der Verkündigung, des Gebetes und des Gottesdienstes, in denen wir unseren Glauben pflegen. Da jeder Mensch mit einer Kultur lebt, kann der christliche Glaube nur mit solchen Prägungen fruchtbar werden. Nur so bleibt Gott nicht ein theoretisches Etwas, jenseits aller Menschenwelt; nur so erfüllt sich Gottes Strategie, in der Begegnung mit und in der Bindung an Menschen seine Liebe in diese Welt zu tragen.

3. Von Petrus zu Paulus

  • Zum Fest der Apostel wird in Rom von der Kirche St. Peter im heutigen Vatikan zu St. Paul vor den Mauern gepilgert. Wir stehen in dieser Bewegung der römischen Kirche. Für manche zu viel St. Peter in der Mitte, für manche zu viel draußen, vor den Mauern. Aber eine katholische Kirche muss immer wieder diesen Weg gehen und nach dem Verhältnis suchen zwischen der Form, in der wir in unserer Kirche den Glauben leben und erfahren und der Offenheit, in der wir allein auf den Geist Gottes hören und den Glauben weiter geben können.
  • Als katholische Kirche in Hamburg ist das auch unser spannungsreicher Weg. Dabei geht es nicht nur um die Aufmerksamkeit für neue Lebensformen und Kulturen, die aus anderen Ländern zu uns kommt und die eine Kirche von Hamburg bildet, sondern auch der ständige Prozess des Wechsels der Kultur durch neue Generationen. Peter und Paul sind dabei kein Gegensatz, aber sie stehen für zwei Ansätze, den einen Weg zu gehen.
  • Letztlich richtet sich die Aufforderung Gottes an jedem Ort, an dem Christen zusammen sind und dadurch Kirche im Kleinen bilden. Ohne eine Form, den Glauben zu leben, wird er sich auch in den Familien und Freundeskreisen verflüchtigen. Ohne die Offenheit für andere, wird er unfruchtbar. Es werden immer wieder Menschen bei uns anklopfen, die ihre Erfahrung mitbringen, und durch die Gott neu zu uns sprechen wird. Wenn wir Gastfreundschaft üben, andere wirkliche bei uns einlassen, werden wir dadurch Gottes Geist neu erfahren, neue Formen finden, den Fels bewahren und die Völker nicht vergessen. Amen.