Predigt 2. Adventssonntag Lesejahr A 2001 (Matthäus)
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9. Dezember 2001 - Unitas Hassia-Sophia, Frankfurt
[Einen ansehnlichen Stein mitbringen.]
1. Aus einem Stein
- Kaum jemand hält sich selbst für eine Niete auf allen Feldern. Jedem dürfte etwas in den Sinn kommen, worin er bzw. sie
wirklich gut ist, worauf wir uns etwas zugute halten und wo wir uns von anderen so leicht nichts vormachen lassen.
- Um zu begreifen, worum es im heutigen Evangelium geht, sollte man sich auf diese starken Seiten des eigenen Ichs
besinnen. Denn dann versteht man besser die Schriftgelehrten. Zwei Dinge sind für sie besonders wichtig: Erstens haben
sie die richtige Staatsbürgerschaft. Sie haben nicht irgendwen zu Eltern. Und zweitens kennen sie sich aus, wenn es um
die Heilige Schrift geht. Sie sind nicht irgendwer.
- Beides ist nicht Anmaßung, sondern wird wohl so stimmen. Sie sind nicht Einwanderer von irgendwo, sondern können
sich auf die beste Abstammung berufen.
Man erahnt die Provokation, die Johannes der Täufer ihnen entgegenschleudert: Gott könnte aus diesem Stein problemlos
einen viel besseren Schriftgelehrten machen, ein viel besseres Mitglied der vornehmen Familie, einen viel besseren .... man
setzte ein, was einem hilft, die Provokation zu verstehen: Aus diesem Stein will Gott im Handumdrehen Besseres machen
als mich!
2. Umkehrblockade
- Die Schriftgelehrten hielten sich recht viel auf ihre Kenntnisse und ihre Herkunft zugute. Irgendwo wissen sie zwar auch,
dass sie Sünder sind - so wie wir das "irgendwo" wissen - weswegen sie ja auch zu Johannes kommen und sich taufen
lassen wollen. Aber deswegen ihr Leben ändern, das können und wollen sie nicht.
- Erinnern wir uns daran, worin wir uns groß vorkommen, und stellen wir uns vor, dass es ähnlich mit unserem
Gerechtigkeitsgefühl ist. Wir sind eigentlich keine Sünder. Wir stammen aus guten Verhältnissen, wir sind getauft und
gehen zur Kirche.
- In dieser Selbstgerechtigkeit liegt die Gefahr, denn sie macht unser Herz versteinern. Wenn Gott versuchen wollte, dass
wir unser Leben mit seiner Gnade so ändern, dass wir damit in der Liebe leben könnten: Gott könnte es genauso gut mit
diesem Stein versuchen. Das ist der Vorwurf des Johannes an die Schriftgelehrten. Ob er auf mich zutrifft, kann ich nur
selbst entscheiden.
3. Advent
- In dem Satz steht aber auch etwas Anderes: Gott kann aus diesen Steinen Kinder Abrahams machen! Das gerade ist der
Unterschied Gottes zu allem, was nicht Gott ist. Gott kann Steine erweichen, Eis schmelzen, Widerstände brechen,
Hürden überwinden.
- Der Advent erinnert daran, dass Gott handelnd in die Welt kommt und dass die Welt unter Gottes Gericht steht. Nicht
nach dem, worin wir uns groß vorkommen, bestimmt sich die Zukunft, sondern darin, ob wir uns dem handelnden Gott
öffnen. Wenn uns die Liebe Gottes nicht erreichen könnte - worin wären wir lebendiger als das dürre Stroh, das verbrennt
im Feuer?
- Der Advent ist die Chance. Kaufhausketten und Fußgängerzonen machen Werbung - für etwas, das sie selbst nicht
einlösen können. Die ganze Stadt ist erfüllt von Lichtern und Bäumen und Glühwein. Das ist die Chance, sich daran zu
erinnern, dass das Entscheidende in meinem Leben bei mir stattfinden muss - und kann. Ich sollte damit beginnen, darum
zu beten. Amen.