Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Valentinssegen 2006

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12. Februar 2006 - Universitätsgottesdienst, St. Ignatius Frankfurt

1. Liebeslieder

  • Mit der Enzyklika "Deus Caritas Est - Gott ist die Liebe" hat sich Papst Benedikt programmatisch zu Beginn seines Pontifikates zu Wort gemeldet. Das biblische Buch, dass er darin am ausführlichsten behandelt, ist bei Katholiken wenig bekannt, wohl auch, weil es in der Leseordnung der Sonntage überhaupt nicht vorkommt.
  • Heute haben wir einige Verse aus diesem Buch als erste Lesung ausgewählt. Das Hohelied ist eigentlich eine Sammlung von Liebesliedern voller orientalischer Poesie. Das Wort "Gott" kommt im ganzen Buch nicht vor. Dennoch steht es in der Bibel.
  • Papst Benedikt erläutert mit der jüdisch-christlichen Tradition, "dass diese Liebeslieder im letzten das Verhältnis Gottes zum Menschen und des Menschen zu Gott schildern". Denn wenn Gott die Liebe ist, kann nichts so sehr auf Gott verweisen, wie die Liebe zwischen zwei Menschen. Das Hohelied hört also nicht auf Liebeslied zu sein - teilweise im besten Sinn sogar erotisch - und ist dennoch, zugleich und "im letzten" wahrer biblischer Glaube.

2. Suchen

  • Die Verse, die wir ausgesucht haben, schildern das Suchen der Braut nach ihrem Geliebten. Sie durchstreift die Straßen der Stadt auf der Suche nach dem, den ihre Seele liebt. Liebe ist Suchen mindestens so sehr wie Erfüllung.
  • Wir werden darauf getrimmt, dass nur das Ergebnis zählt. Dieser Imperativ ist unserer Kultur tief eingeschrieben. Deswegen bedarf es manches Mal geradezu der Befreiung. Denn das Suchen erst schafft den Raum, in dem der oder die andere Platz hat, über die eigene Sehnsucht nach Erfüllung hinaus.
  • Das macht die Liebe verletzlich. Die kurze Auswahl, die wir heute lesen, endet mit der Begegnung mit den vielleicht bedrohlichen Wächtern. Wer damit gemeint ist, wissen wir nicht. Wir wissen aber, dass die Braut auch ihnen gegenüber ihr Suchen nicht verleugnet.

3. Zeit lassen

  • Die Liebeslieder des Hohenliedes wurden immer auch als Lieder der Gottesliebe gedeutet. Das entwertet die ursprüngliche Bedeutung nicht. Im Gegenteil, es erhebt sie. Denn dadurch wird die Liebe zum Baustein des Reiches Gottes. Durch sie wird Gottes machtvolle Wirklichkeit erfahrbar: noch nicht vollendet, noch nicht in der Ernte, aber seit Jesus Christus in unaufhörlichem Wachstum.
  • Im Gleichnis von der selbst wachsenden Saat macht Jesus das deutlich. Gottes Liebe wird wirklich unter uns wie ein Samen, der in die Erde gesenkt wird. Im Dunkel der Erde entwickelt sich das Korn. Der den Samen gesät hat, weiß nicht wie. Aber der Samen wächst, langsam, kaum merklich.
  • Die Liebe braucht Zeit. Wer auf schnelle Erfüllung zielt, wir den Pflänzling ausreißen. Vielleicht fällt es oft schwer, wenn das Wachstum so langsam ist, dass wir es nicht mehr zu sehen meinen. Aber auf dem Wachstum der Saat ruht Gottes Segen. Die Zeit der Ernte wird kommen. Amen.