Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 12. Sonntag im Lesejahr C 2016 (Lukas)

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19. Juni 2016 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

An diesem Sonntag wird das Konzept der neuen Orgel vorgestellt, nachdem die Finanzierung durch eine große Einzelspende möglich geworden ist.

1. Karriere

  • Für wen halten Dich die Leute? Ganz uninteressant dürfte diese Frage für kaum einen Menschen sein. Was sehen die Leute in Dir? Und was bedeutet das Dir? Und schließlich, mehr noch, wer bist Du, für die Menschen, die Dir nahe stehen?
  • Jesus stellt solche Fragen, weil es für seine Sendung wichtig ist. Wenn er für die, die ihm nachfolgen und zu ihm gehören wollen, nur irgendein Superman wäre, oder auch nichts anderes als nur eine religiöse Kuriosität, dann hätte Jesus ein Problem, denn dazu ist Gott nicht Mensch geworden.
  • Dass Petrus erkannt hat, dass Jesus der Messias ist, geht in die richtige Richtung. Doch wenn das Wort "Messias" ohne inhaltliche Füllung bleibt, dann sagt es wenig. Es klingt nach Erlöser, endzeitlicher Herrscher, Gottesmann. Und das Gespräch findet statt zwischen Jesus, dem Messias, und denen, die zu ihm gehören wollen. Damit bleibt immer - nicht nur damals- die Gefahr, Nachfolge misszuverstehen als Karriereweg, Selbstverwirklichung oder sonst etwas, was nach normalen Maßstäben die Nachfolge 'lohnend' machen würde.

2. Gesalbter

  • Was macht Jesus so besonders, wenn Petrus ihn als "Messias" bekennt, also griechisch Christos oder deutsch "der Gesalbte"? Was bedeutet es, wenn Jesus der Gesalbte Gottes ist?
    Der Titel hat natürlich eine Bedeutung, die aus der Glaubensgeschichte Israels kommt. Da steckt all das drin, weswegen wir bei unserer Tage auch gesalbt wurden, zusammen mit Christus, dem Gesalbten, Priester, Prophet und König zu sein.
  • Man kann das auch anders sagen. Gesalbt zu sein, bedeutet einen Auftrag zu haben, für andere da zu sein. Priesterlich bedeutet, als sterblicher Mensch offen zu sein, dass Gott durch mich Himmel und Erde verbindet. Prophetisch bedeutet, unerschrocken Gottes Gerechtigkeit zu verkünden, auch wo das bedeutet, etwas zu riskieren. Königlich bedeutet, aus der ganzen Würde des Menschen zu leben, unverwechselbar Kind Gottes.
  • Aber gemeinsam ist all dem, das es ein Dienst sein soll, Dienst für den anderen Menschen. Die Salbung Gottes bedeutet, dass Menschen von Gott in Dienst genommen werden. Oder so herum: Dass Menschen feststellen, dass sie von Gott in Dienst genommen werden sollen - und damit vor der Frage stehen, ob und wie sie darauf antworten sollen.

3. Dienst

  • Vor drei Jahren wurde unsere Kirche nach gründlicher Sanierung und Neugestaltung feierlich wiedereröffnet. Damals haben vier Vertreter der Gemeinde den Erzbischof gebeten, die Pforte des Kleinen Michel zu öffnen: An erster Stelle damit hier Gottesdienst gefeiert werden kann, an zweiter Stelle, damit es ein Ort des Gebets sei. Dann aber kamen zwei weitere Bitten: "Öffnen Sie diese Pforte für die Hamburger und ihre Gäste aus der ganzen Welt, damit sie in dieser Kirche und ihrer Geschichte, in diesem heiligen Raum und angesichts seiner Schätze Frieden suchen und finden." Und schließlich: "Öffnen Sie diese Pforte, damit Künstelrinnen und Künstler, besonders die jungen, hier einen Ort finden, wo sie das, was sie der Kirche im Dialog mit der Heiligkeit dieses Raumes vortragen und zeigen möchten, offen von Menschen gehört und gesehen wird, die nach Antworten suchen."
  • Uns, die wir Gottesdienst feiern, wurde ausdrücklich diese Kirche anvertraut, nicht nur für uns selbst, sondern auch, dass dieser Raum den Menschen in dieser Stadt dient. Das gilt irgendwie für jede Kirche und besonders für jede Innenstadtkirche. Uns kann es darüber hinaus bewusst sein, weil der Wiederaufbau dieser Kirche vor sechzig Jahren ein Geschenk Frankreichs an die Hamburger Katholiken war - aber eben damit auch ein Auftrag, Teil eines Neuanfangs dieser beiden Völker nach dem Krieg zu sein.
    Und deswegen ist es ganz konsequent, diesen Weg bei der Orgel fortzusetzen, von der wir uns an diesem Sonntag freuen dürfen, dass sie jetzt in Auftrag gegeben wird. Denn diese große Orgel wird uns geschenkt von einer Familie im Gedenken an einen lieben Verstorbenen; er war als Katholik dem Kleinen Michel verbunden und hat es in Hamburg von ganz einfachen Anfängen zu großem Erfolg gebracht. Wenn in den kommenden zwei Jahren nun diese Orgel gebaut wird, dann ist das eine Zeit, in der wir Wege suchen wollen, uns als Gemeinde in besonderer Weise in Dienst nehmen zu lassen. Daher wird die Orgel programmatisch gewidmet: Für Frieden, Gerechtigkeit und die Toleranz unter den Kulturen und Religionen. Zusammen mit anderen Katholischen Institutionen rund um den Kleinen Michel haben wir uns in den letzten Monaten aufgemacht, um uns ab kommendem Jahr, gemeinsam für diese Werte in besonderer Weise einzusetzen. Die Orgel soll uns nicht ein selbstverständliches Geschenk sein, sondern ein sichtbarer - und hörbarer! - Auftrag.
  • Für mich gehört es schlechterdings zum Christsein dazu, dass wir Christus nachfolgen, der Gottes Gesalbter ist, um für andere da zu sein. Gott ist Mensch geworden für uns Menschen und zu unserem Heil. Jesus als den Messias bekennen, wie Petrus das tut, ist daher immer zumindest irgendwie Ausdruck der Bereitschaft, sein Leben für andere zu leben. Getaufte sind mit Heiligem Öl gesalbt zum Dienst. Amen.